Sindelfingen: Schaubühne inszeniert „Mein Freund Harvey" / Premiere am Freitag im Theaterkeller
Wirrungen um den Hasentick
Von unserem Mitarbeiter Bernd Heiden
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Nach dreieinhalb Monaten Probezeit feiert am Freitag die Komödie „Mein Freund Harvey" von Mary Chase Pre­miere im Sindelfinger Theaterkeller. Unter der Regie von Rainer Wolf hat sich die Sindelfinger Schaubühne des mit James Stewart 1951 in der Haupt­rolle verfilmten Theaterstücks ange­nommen.
Harvey, das ist ein rund 1,90 Meter großer weißer Hase. Und Harvey ist Freund und Begleiter des liebenswerten, gutmütigen El-wood Dowd. Doch da gibt es ein Problem: Keiner außer Elwood sieht Harvey oder nimmt ihn sonstwie wahr. Besonders unge­schickt für Elwoods Schwester Veta Louise Simmons und deren Tochter Myrtle Mae, die beide nach dem Tod von Elwoods Mut­ter zu ihm ins Haus gezogen sind. Will doch Veta, besorgt um des Töchterchens Zukunft, das Haus zu einem Musentempel mit Soi­reen machen, auf denen Tochter Mae den Mann fürs Leben kennen lernen soll. Aber Elwood, der simplere Freuden wie Whisky-Trinken in Kneipen mit einfachen Leuten schätzt, macht mit seinem Hasen-Spleen alle Gäste scheu. „Wir haben kein gesell­schaftliches Leben mehr", muss Veta ver­zweifelt feststellen.
In ärztlicher Hilfe erhofft sich Veta die Lö­sung. Sie will ihren Bruder in die Psychia­trie einweisen. Der Plan schlägt fehl. Sieht Psychiater Dr. Sanderson doch in der nerv­lich zerrütteten Veta die Behandlungsbe­dürftige und lässt sie im Ostflügel der Klinik unterbringen. Chefpsychiater Dr. Chumley muss schließlich eingreifen: „Das ist ja das reinste Irrenhaus hier."
Unterdessen spaziert Elwood auf der Straße und in der Psychiatrie herum auf der Suche nach dem ausgebüchsten Harvey, da­bei stets bemüht, neue Freunde für seine Kneipensitzungen zu gewinnen. Peu ä peu
Ab Freitag im Theaterkeller zu sehen: Die Komödie „Mein Freund Harvey" mit der Schau­bühne Sindelfingen.                                                                            Bild: Stampe
wird dabei fragwürdig, wer hier eigentlich noch richtig tickert: Die zahlenmäßig stei­gende Fraktion, die an Harvey glaubt und Elwoods Nagertick akzeptiert oder etwa Psychiatriegehilfe Wilson, der zu resolutem Einweisen neigt. Elwoods Lebensweisheit: „Ich habe mich vierzig Jahre lang mit der Wirklichkeit herumgeschlagen, Doktor. Aber ich bin glücklich, dass ich sie schließ­lich untergekriegt habe." Wem da letztlich wie geholfen wird oder werden muss, davon darf man sich überraschen lassen.
Regisseur Rainer Wolf hat das Stück, für das Autorin Chase mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde, vor vier Jahren in ei­ner Darmstadter Inszenierung gesehen und sich davon anregen lassen. Den Film mit James Stewart in einer Glanzrolle hat er sich dagegen zuvor nicht mehr angesehen:
„Ich wollte mich in der Regie nicht einengen lassen." Absichtlich lässt er die Komödie in der damaligen Zeit der 40er Jahre spielen um dem Eindruck vorzubeugen, es gehe in der Inszenierung um eine generelle Kritik an der Psychiatrie.
Die Hauptrollen spielen Frithjof Künzel (Elwood), Astrid Reinhardt (Veta), Kera Ra­chel Cook (Myrtle), Gerald Speckner (Dr. Sanderson) und Rainer Wolf (Dr. Chumley).
Premiere Freitag, 24. September, 20 Uhr. Weitere Vorstellungen am 25., 26., 27., 29. September, 1., 2., 3., 9., 10., 11., 13. Okto­ber im Theaterkeller, Vaihinger Str. 14, Sindelfingen. Kartenvorverkauf i-Punkt Sindelfingen, Marktplatz 1, Telefon 0 70 31/94-325.