Theater-Festival: Dario Fos „Der Nackte und der Mann im Frack" im Sindelfinger Theaterkeller
Turbulenzen auf beengtem Raum
Von unserem Mitarbeiter Alexander Walther
tmp32C-1.jpg
Noch bis 19. September finden die 3. Deutschen Amateurtheatertage in Böblingen und Sindelfingen statt. Den Auftakt machte am Donnerstagabend Dario Fos 1958 entstandene Farce „Der Nackte und der Mann im Frack" mit der Schaubühne Sindelfingen, die ihr 30-jähriges Jubiläum feiert.
Situationskomik und skurriler Humor ka­men in der einfallsreichen Regie von Doro­thea Meert nicht zu kurz. Die beiden Stra­ßenkehrer (ausgesprochen lebendig von Karsten Spitzer und Martin Müller darge­stellt) philosophierten hier über Gott und die Welt: „Was ist wahr, was ist unwahr?"
Rainer Wolf spielte den Nackten in der Mülltonne sehr facettenreich, der als Lieb­haber auf der Flucht vor einem eifersüchti­gen Ehemann war und sich so gut wie mög­lich versteckte. Mit den Straßenkehrern kam er immer eifriger ins Gespräch: „Wis­sen Sie nicht, dass es auch Straßenkehrer gibt, die für die Wiedereinführung der Mo­narchie sind?" Dabei ergaben sich dann hef­tige Turbulenzen auf beengtem Raum, denn der in arge Bedrängnis geratene Liebhaber versuchte mit Hilfe der Straßenkehrer und anderer zufälliger Passanten verzweifelt an einen Anzug zu kommen, um sein unange­nehmes Versteck verlassen zu können.
Gisela Samesch sorgte als Dame des leich­ten Gewerbes für zusätzliche Verwirrung, als sie den von Rainer Schmider recht mür­risch dargestellten Wachmann vergeblich zu becircen versuchte. Zuletzt trat noch Florian Schmider als stoischer Mann im Frack zum
Heimspiel beim Theater-Festival: Die Schaubühne im Theaterkeller.
Bild: Stampe
Nackten in Konkurrenz, der ständig vor dem Wachmann auf der Flucht war: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Gebüsch!" Reinhard Samesch lieferte mit dem „Lied der Straßen­kehrer" die passende musikalische Unter­malung. Der dramaturgische Spannungsbogen verdichtete sich zum Schluss immer mehr, denn einer der beiden Straßenkehrer musste entsetzt feststellen, dass sein „Müll­kübel" abgestaubt worden war.
Die spezifischen Reize der von Dario Fos Komödie entfalteten sich wie von selbst. Ein paradoxer Mechanismus führte dabei zu heftigen Explosionen. So attestierte die Dame des leichten Gewerbes dem Wach­mann einmal sogar eine „zarte Seele", was aber gar nichts nützte, denn er bekam sofort den nächsten Wutanfall. Glücklich war die
Dame nur über den Erhalt der Rosen, die aber wieder in der Versenkung verschwan­den. Der Nackte flehte vergeblich „Bitte ru­fen Sie nicht die Polizei!" - denn zuletzt sprang der Wachmann wieder mit der Tril­lerpfeife hinter ihm her: „Haltet ihn!"
Die Dialoge wirkten dabei ebenso erfri­schend wie entwaffnend. Personenführung und Bühnenbild bildeten eine Einheit, die Schlichtheit der Bühne begünstigte einen genauen und präzisen Blick auf die han­delnden Figuren der doppelzüngigen Farce. Als falscher Graf outete sich am Ende der Mann im Frack, der sich zuvor mit dem cho­lerischen Wachmann einen heftigen Schlag­abtausch geliefert hatte.
Eine originelle Farce, die mit atemloser Rasanz über die Bühne ging.