Sindelfingen: Die Premiere von „Romeo und Julietta" in der Inszenierung von Dieter E. Hülle überzeugte im Serenadenhof
Beherzter Zugriff auf den Klassiker
Von unserem Mitarbeiter Matthias Staber
vom Geliebten geben soll. Ein mit Augenrol­len und Schmollmund von Erwachsenen-dämlichkeit genervter Teenager: Hier blüht Kordulla auf, als wolle sie im Alleingang den Staub von Shakespeare blasen.
Story ohne viel Schnörkel
Man muss Dieter E. Hülles Generalverdammung der Romantik nicht teilen, um die Qualitäten der Über­setzung von „Romeo und Julietta" durch den Auf­klärer Christoph Mar­tin Wieland anhand dieser Inszenierung schätzen zu lernen: Als geradlinige Story ohne viel Schnörkel präsentiert sich so die Geschichte um die durch blinden Hass in den Tod ge­triebene große Lie­be.
Diese schiere Freu­de am Text, dieser be­herzte Zugriff auf ei­nen Klassiker macht ge­rade in der Präsentation durch die beiden Ama­teurensembles einen Rie­senspaß. Sie holen den Klas­siker aus dem hehren Gelehr­tenhimmel, wo er durch zig Dis­kursmaschinen gedrechselt wurde, und servieren ihn frisch und locker als sei er gestern geschrieben.
Profi- und Amateurbühnen verhalten sich eben nicht unbedingt wie erste und zweite Bundesliga: Gerade Amateurbühnen mit solch unbändigem Charme können dazu an­regen, Texte wie „Romeo und Julietta" neu zu entdecken.
■ Weitere Aufführungen: Am 1., 3., 4., 5., 8., 10., 11., 12. August, 20 Uhr, Serenadenhof Sindelfingen.
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Ein spannendes Stück, präsentiert mit Herz und Charme und Witz unter frei­em Himmel, stimmungsvoll umrahmt von Fachwerkhäusern: So macht Theater Spaß, wie es die Ensembles „Willy-Reichert-Bühne/Theater-ensemble Sindelfingen" und „Schau­bühne Sindelfingen" unter der Regie von Dieter E. Hülle mit Shakespeares „Romeo und Julietta" im Serenaden­hof zelebrierten.
Da hat sie sich Dieter E. Hülle mit den bei­den Amateurensembles „Schaubühne" und „Willy-Reichert-Bühne" einen rechten Bro­cken für das diesjährige Sommertheater im Serenadenhof herausgesucht: William Shakespeares Liebestragödie „Romeo und Julietta", die wie ein unverrückbarer Mono­lith in den kollektiven kulturellen Horizont der westlichen Welt ragt. Und triumphiert.
Es adelt Ensembles, wenn sie noch bis in die kleinen Rollen die passenden Schauspie­ler zur Hand haben, die sie prächtig funkeln lassen. So wie zum Beispiel Mathias Baier als der in Julietta vernarrte und zurück­gewiesene Paris: Adlig, arrogant und unnah­bar zunächst intrigant mit Juliettas Vater (Frithjof Künzel) um deren Hand feilschend. Dann als schmerzverzehrter Liebhaber an deren Leichnam trauernd.
Dramatische Angelpunkte
Oder Ted Vogt und Axel Finkelnburg als Benvolio und Mercutio, die Freunde vom trübsalblasenden Romeo: Spritzig als ju­gendliche Tunichtgute mit deutlicher Nei­gung zum Zweitwein. Überzeugend als dra­matische Angelpunkte im Streit mit Tybalt (Rainer Wolf). Dieser mitreißend in seinem ungestümen Zorn, die Hand aufbrausend ständig am Degen, ein temperamentvoller Haudrauf.
Vor diesem Hintergrund können sich
Überzeugend ist nicht nur ihr Theaterkuss: Achim Fuchs als Romeo und Jessica Kordulla als Julietta im Sindelfinger Serena­denhof.
Bild: Stampe/A
dann die großen Rollen so richtig zu Höhenflügen aufschwingen: Sabine Duffner als Juliettas Amme, in weit ausholenden Re­den ständig um sexuelle Anzuglichkeiten krei­send. Von der al­ternden Notgeilen über die besorgte, fürsorgliche Amme bis zur opportunistisch Geldgierigen spielt sich hier Duffner im Sause­schritt.
Und im Zentrum natürlich das Liebespaar selbst: Ist Romeo wirklich dieser tragisch Liebende, als den wir ihn verklärt kennen? Oder vielleicht nur ein verwirrter Teenager, der nicht so recht Hormonhaushalt und Wirk­lichkeit in Einklang bringt? Wer weiß? Und genau zwischen diesen beiden Polen lässt der 19-jährige Achim Fuchs seine Rolle oszil­lieren.
„Die ist ja süß!", murmelt es aus der ersten Reihe über die 15-jährige Jessica Kordulla als Julietta. Und richtig: Schon optisch passt
sie wunderbar in die Rolle der Vierzehnjäh­rigen Vielbegehrten. Mehr und mehr befreit und lockerer im Laufe des Stückes wächst Kordulla an ihrem Text, bis sie auch die tra­gischen Passagen mitreißend transportiert. Und wo sie Julietta als quengeliges Girlie vorführt, glänzt sie. Ungeduldig zappelt sie um ihre Amme herum, die ihr Nachricht