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TH EATER / Schaubühne Sindelfingen spielt Molières Der eingebildete Kranke" |
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Nicht am Blutsturz
gestorben |
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SINDELFINGEN ■ Immer
einmal wieder lässt die Schaubühne Sindelfingen jemanden
anders an die Regie, und Dorothea Meert, die ihr
Können als Theaterfrau und
Kostümbildnerin schon häufiger bewiesen hat, hat sich mit Bravour Molières meistgespieltes Stück „Der
eingebildete
Kranke" vorgenommen.
ANNA J. DEYLITZ
Schon immer, so Dorothea Meert, wollte sie ein Stück dieses Vollblut-Theatermannes Moliere machen, und so probte man denn seit Ende letzten Jahres dieses ebenso tiefsinnige wie unterhaltsame letzte Werk Molières, der nach der vierten Aufführung des Stückes an den Folgen eines Blutsturzes starb. Im Angesicht seines eigenen Todes hat er in dieser Komödie spielerisch seine eigene Krankheit ihrer existenziellen Bedrohung beraubt, denn der unerträgliche Argan, der inmitten seiner Medikamentenfläschchen lebt und dessen zentrale Gedanken um Pillen, Verdauung, Klistiere, Ärzte kreisen, ist lächerlich.
Argans Krankheit besteht darin,
dass er krank zu sein wünscht, dass er das Kranksein-Wollen oder
-Müssen zu seinem Lebensmittelpunkt |
gemacht hat. Ärzte sind für ihn
wichtiger als seine Familie und je schlimmer die Diagnose, desto wichtiger
der Arzt und damit Argan selbst. Frithjof Künzel spielt diese Rolle
überzeugend, weil er nicht -wie viele seiner Vorgänger - der
Versuchung zum Knall-Chargieren erliegt. Was Wunder also, da
Argans Gedanken nur um Argan kreisen, dass er die geheuchelte Fürsorge
seiner zweiten Ehefrau (Barbara Hepp), die ganz offensichtlich ein
Verhältnis mit dem Notar (sehr hübsch: Klaus-Dieter Kreuer) hat, für bare
Münze nimmt, andererseits darauf besteht, dass seine heiratsfähige
Tochter (gut: Sarah Messore) einen Arzt heitatet, den völlig
vertrottelten Neffen des Hausarztes Purgon (sehr gut: Karsten
Spitzer) Diafoirus (schön vertrottelt: Harald Perc).
Brillante Inszenierung
Eine Perle in der Reihe der brillanten Szenen, der Heiratsantrag, von Vater Diafoirus (wunderbar: Rolf Welz) als Urheber des aufgesagten Textes mitgesprochen. Doch Töchterchen Angélique hat sich schon jemanden ausgesucht, den jungen Cléante (überzeugend: Andreas Bühler) und durch die kleine Schwester Louison (entzückend: Eva Schmider) erfährt Argan das auch. Wie lang wäre dieses Stück geworden, wenn Molière, dieser Bühnen- |
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Rückfall - dass er Medizin
studiert. Man findet aber einen eleganteren, burleskeren Weg, um
das Problem zu lösen: hat Argan nicht im Laufe seiner
Krankenkarriere medizinische Kenntnisse zuhauf
erworben? Also könnte doch er selbst ... oder etwa nicht? Wer das
Stück nicht kennt, muss es sich ohnehin ansehen, es lohnt
sich,
schon wegen
der schauspielerischen
Leistungen des Ensembles der Schaubühne. |
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Eine Szene aus der Aufführung von Moli?eres Der eingebildete Kranke" mit der Schaubühne Sindelfingen im Theaterkeller. Foto: ajd |
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praktiker nicht die Rolle des bodenständigen Dienstmädchens Toinette (hervorragend: Olga Knaus) ersonnen hätte. Toinette versucht nicht, wie Argan-Bruder Béralde (gut: Rainer Wolf), mit rationalen Worten auf den Kranken einzuwirken. Sie schlägt ihn mit seinen eigenen Waffen: schlüpft in die Rolle eines Arztes und stellt so sicher, dass der Kranke ihr Respekt entgegenbringt, sie |
droht ihm Krankheiten an, vor denen Argan nun wirklich Angst bekommt und sie überredet ihn - wieder als Kammermädchen - sich tot zu stellen, um die wahren Gefühle von Gattin und Tochter zu erforschen. Es kommt, wie es kommen muss, die Gattin wird dekuvriert, die Tochter ernst genommen, sie darf ihren Cléante haben, vorausgesetzt - und da hat Argan schon den ersten |
Wer das Stück kennt, wird
die Dorstsche Übersetzung, die schöne Musik von Paul Bischoff (Flöte: Mark
Steinvoord) und die exzellente, unaufgesetzte Regie Dorothea
Meerts genießen, die Moliere wunderbar in das Licht rückt, das ihm
gebührt. Weitere Aufführungen am 22., 24., 25., 26., 27.März, jeweils 20
Uhr. Vorverkauf: i-Punkt, Telefon (070 31) 94-3 25 und 94-7 77. |
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