Donnerstag, 16. März 2000
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Sindelfingen: Schaubühne spielt „Der eingebildete Kranke"
Vernunft als Hausmannskost
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Von unserem Mitarbeiter Maximilian Karl
ker... In der Inszenierung von Dorothea Meert ist davon nur die Schlussszene beibe­halten, wo dem Arztsüchtigen mit Gesang und Tanz die „Doktorwürde" verliehen wird. Das musisch spielerische Element wird jedoch durch einen Flötisten (Musik von Paul Bischoff) zurückgewonnen.
Feinnerviges Theater
Mit einer leichten Gewichtung zur Cha­rakterkomödie orientiert sich die Inszenie­rung an Tankred Dorsts Übersetzung: die Verstellung des Guten entlarvt die Verstel­lung des Bösen. Doch die Vernunft kommt als Hausmannskost daher. Die treibende Kraft liegt vor allem bei der schlagfertigen Dienerin Toinette (Olga Knaus). Wie Moliè­res feinnerviges Theater zur Freude des En­sembles überhaupt mit vielen gleichwerti­gen Rollen dankbare schauspielerische Auf­gaben bereitwillig für alle parat hält.
Die virtuos herausgearbeitete Titelfigur des Kranken, der sich nicht nur einbildet krank zu sein, sondern an seiner Einbildung als Hypochonder leidet, scheint Frithjof Künzel jedoch eine absolute Glanzrolle zu bieten. Und erwartungsvoll darf man der Auseinandersetzung mit seinem Gegenpart Rolf Welz als Doktor Diafoirus bei der Pre­miere am kommenden Freitag im Theater-keller entgegen sehen.
Wenn denn alle Akteure von realen Krankheiten verschont bleiben. Die haben von der Grippewelle bis zur Gehirnerschüt­terung in den vergangenen Wochen den Probenplan nämlich noch ganz schön durcheinander gewirbelt und die Gruppe ■um Dorothea Meert unter Zugzwang ge­bracht, um Molières letztes Werk terminge­recht auf die Bühne zu bringen.
■ Nach der Premiere am 17. März wird „Der eingebildete Kranke" noch von Samstag bis Montag, 18. bis 20. März, am Mittwoch, 22.März und Freitag bis Mon­tag, 24. bis 27. März jeweils um 20 Uhr im Theaterkeller zu sehen sein.
Mit Molières großer Charakter- und Typenkomödie „Der eingebildete Kranke" präsentiert sich ab Freitag nun auch der vor wenigen Wochen noch unbeschäftigte Teil der „Schau­bühne" im Sindelfinger Theaterkeller. In der Übersetzung des Dramatikers Tankred Dorst trotz ungewohnter Be­setzung auf dem Regiestuhl sicher keine „Kostüminszenierung".
Sind Ausstattung und die Kostüme vor al­lem sonst ihr Revier und ihr Aufgaben­schwerpunkt bei dem aus dem Volkshoch­schultheater hervorgegangenen Ensemble -Dorothea Meert führt nicht das erste Mal Regie bei der Schaubühne. Längst nicht nur eine bemerkenswerte Schauspieltruppe, sondern auch zahlenmäßig ein recht großes Ensemble.
Nicht alle konnten da bei der Inszenie­rung von James Saunders „Irre alte Welt" vor wenigen Wochen eine Rolle finden. Doch die Spiellust stand im Raum. Und auch die Idee dieser Charakterstudie Moliè­res über die menschliche Schwäche, sich all­zu leicht und allzu sehr der Sorge um das ei­gene Wohlbefinden hinzugeben, zu spielen.
Auch wegen der rasanten Komik, die der scharfen Satire auf Medizin und das Ärzte­wesen, von dem der Dichter zu Recht im Falle seines zeitgenössischen „Gesundheits­wesens" nicht allzu viel gehalten haben dürfte, innewohnt. Die Wahrheit Molières ist die Übertreibung der Karikatur. Das Stück wird zur Posse. Trotz der durchaus dämonischen Züge, die der rasenden Unauf­geklärtheit einer sich selbst und seine Um­welt zerstörenden Selbstsucht anhaftet.
Die vorgeprägten Figuren Molières unter­liegen einer zeremoniellen Dramaturgie. Das Stück versetzt als Ballettkomödie: Zi­geunertanz, Burleske der Ärzte und Apothe-
Die „Schaubühne Sindelfingen" spielt Molières letztes Stück „Der eingebildete Kranke". Premiere ist morgen Abend im Theaterkeller um 20 Uhr. Weitere Aufführungen folgen bis zum 27. März.                     Bild: Stampe