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Samstag 27.12.2008, 09:56 Uhr

Spinat auf die frische Bluse

27.12.2008 -
Von unserem Mitarbeiter Thomas Volkmann

„Wie besinnlich wäre es ohne sie. Und wie langweilig“, fasste Schaubühnen-Leiter Karsten Spitzer in seiner kurzen Einführung das Motto der zu Gunsten der Deutschen Kinderkrebshilfe veranstalteten Benefiz-Lesung zusammen. Obwohl kürzlich selber erst mit einem Programm des Lausbuben-Schöpfers Wilhelm Busch im Theaterkeller aufgetreten, überließ Spitzer seiner 13-jährigen Tochter Jenny und fünf Kolleginnen und Kollegen der Schaubühne das Feld, darunter Alexandra Brehm mit jenem Streich von Max und Moritz, in dem gebratene Hühner durch einen Schornstein entschwinden und ein Spitz des Mundraubs verdächtigt wird.

Licht- und Schattenseiten

Wie es als Patentante einer verzogenen Göre ist, das las Gisela Samesch in der von Schaubühnen-Regisseur Jürgen von Bülow geschriebenen Geschichte „Geliebtes Miststück“ vor. Im einen Moment noch ein Monster, das Spinat auf die frische Bluse spuckt, beim Stichwort „Lieblingstante“ aber wieder das süße Kind: So schildert von Bülow die Licht- und Schattenseiten einer Verwandtschaftsbeziehung, in der Erwachsene wiederholt den Kürzeren ziehen.

Heiter auch die von Bernd Schmalenbach gelesenen „Erinnerungen eines Königs“ von Heinrich Böll. In ihnen hat ein 14-Jähriger weitaus mehr Spaß, sich an der Kasse eines Zirkus zu betätigen als sein Volk zu regieren. „Kinder an die Macht“, postulierte Jenny Spitzer mit den Worten Herbert Grönemeyers, und fand die mit ihr um den Tisch auf der Bühne sitzenden Erwachsenen wiederholt „peinlich“ mit ihren Abzählreimen und Wortspielen.

Von Bülows Teenager-Ansichten in „Ich bin’s, Nika“ gab die Jungdarstellerin im Jargon ihrer Altersgruppe wieder, hatte jedoch auch bei Goethes „Zauberlehrling“ Zeile für Zeile akkurat im Griff. Apropos Goethe: Von dem war im Poem „Wenn eena jeborn wird“ von Kurt Tucholsky die Rede. Astrid Reinhardt stellte darin fest, dass auch Goethe nach seiner Geburt nicht anders ausgesehen habe als „ne jebadte Maus“.

„Der Abend soll denen gelten, die es nicht so gut haben“, hatte Karsten Spitzer eingangs des heiter nachdenklichen Programms gemeint. In diesem Sinne passten die von Katrin Finkelnburg vorgetragenen Gedanken „Was sagt man den Menschen, wenn man traurig ist“ von Georg Kreisler: „Egal, ob einer nachts in die Kissen weint, offiziell bleibt man froh.“ Für die Schaubühne ging der kurzweilig begonnene Abend mit der Weihnachtsfeier weiter.

Die Schaubühne hat im Theaterkeller Sindelfingen insgesamt 610 Euro Spenden gesammelt und auf das Konto der Deutschen Kinderkrebshilfe überwiesen.

Gisela Samesch, Bernd Schmalenbach, Alexandra Brehm, Jenny Spitzer, Katrin Finkelnburg und Astrid Reinhardt von der Schaubühne Sindelfingen haben im Theaterkeller für die deutsche Kinderkrebshilfe gelesen. Bild: z